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Wissenschaft

Florence Gaub, Leiterin des Forschungsbereichs am NATO Defence College in Rom, legte im vergangenen Jahr das Buch „Zukunft“ vor, in dem sie nichts Geringeres

Florence Gaub, Leiterin des Forschungsbereichs am NATO Defence College in Rom, legte im vergangenen Jahr das Buch „Zukunft“ vor, in dem sie nichts Geringeres als eine Bedienungsanleitung zum Umgang mit der Zukunft verspricht.

Das Inhaltsverzeichnis entspricht in der Tat der Bedienungsanleitung eines Gerätes: von den Hinweisen vor der Erstbenutzung, den technischen Daten, den Bedienungselementen und Geräteteilen über die Inbetriebnahme und die Sicherheits- und Warnhinweise bis zur Störungsbehebung und den Garantiebedingungen.

Aber kann das funktionieren? Ein konkretes Manual zu einem Abstraktum, wie es die Zukunft nun einmal ist?

Es funktioniert beeindruckend gut. Florence Gaub vermittelt den Leser*innen die Vorstellung, die Zukunft handhaben zu können. Dazu ruft sie ins Bewusstsein, dass Zukunft keine ferne Zeit ist, sondern von uns ständig erzeugt wird, indem wir uns Ziele setzen, Entscheidungen treffen, über Optionen nachdenken. Mit einem Rückblick in vergangene Zeiten erinnert sie daran, dass Menschen vor Jahrhunderten nicht über Zukunft nachdachten, weil sie aufgrund ihrer schlechten Lebensbedingungen keinen Einfluss auf sie sahen und Zukunft sich lediglich in einem besseren Leben im Jenseits denken ließ.

Die Vielzahl an Gelegenheiten im 21. Jahrhundert, das eigene Leben zu planen und Visionen zu realisieren, mündet bei Gaub in die Definition von Zukunft als „Möglichkeitsraum, den wir gestalten können.“  Allerdings sei die Zukunft heute in der Krise, da zu viele negative Prognosen eine lähmende Wirkung zeitigten: die Gefahr eines Atomkrieges, die Folgen des Klimawandels, mögliche negative Auswirkungen von Künstlicher Intelligenz oder auch die Angst vor einer neuen Pandemie. Während Zukunftsdenken noch vor wenigen Jahren dem ungebrochenen Fortschrittsglauben folgte, dass es jeder Generation besser gehen werde als der vorigen, führten die negativen Zukunftsprognosen zu Erstarrung und Resignation.

In dem Wunsch, eine negative Zukunft möglichst zu vermeiden und wenigstens den Status quo zu wahren oder gar zur Vergangenheit zurückzukehren, sieht Gaub gerade in Ländern der westlichen Welt den verzweifelten Wunsch, die Angst vor der Zukunft zu bannen. Aber solch ein Pessimismus münde letztlich in ein Gefühl von Hilflosigkeit. Erst durch das Schaffen von Optionen, durch das Zurückgewinnen des Glaubens, dass wir Einfluss auf die Zukunft haben, werde ein Handlungsspielrum eröffnet, der wieder optimistisches Denken zulasse.

Auf der Basis dieser Gedanken zu Beginn des Buches entfaltet Florence Gaub so einen weiten Gedankenhorizont, dem sie in den folgenden Kapiteln analytisch auf den Grund geht. Unter den Überschriften wie: Was ist die Zukunft?, Woraus besteht die Zukunft? und So funktioniert Zukunft zeigt sie auf, wie es gelingen kann, sich vom Bekannten und Erwarteten zu lösen und Raum für Möglichkeiten zu schaffen. Kreativität und das Entwickeln von Utopien, der Umgang mit Überraschungen und eine Abkehr vom desaströsen Katastrophen – wie vom illusionären Wunschdenken – sind dabei wichtige Pfeiler, die Zukunftsfähigkeit der Menschen zu stärken.

Florence Gaub ist weit davon entfernt, eine rosige Zukunft zu malen, warnt aber vor der Erstarrung, keine Zukunft mehr zu sehen in Zeiten extremer Unsicherheit. Dazu empfiehlt sie den Alarm im Kopf auszuschalten, damit der Geist sich wieder an die Arbeit machen und verschiedene Optionen für die Zukunft entwickeln könne.

Nach der Lektüre des Buches von Florence Gaub fühlt man sich wohltuend geerdet; allein die „Zehn Schritte zum richtigen Umgang mit einer negativen Zukunft“ helfen, wenn in den Medien neue Hiobsbotschaften aufflammen, die Besorgnis auslösen. Das Buch ist daher unbedingt empfehlenswert für alle Pessimisten, aber ebenso auch für alle Optimisten, die angesichts der Vielzahl schwerer Krisen ihre Zukunftsfähigkeit zu verlieren drohen und nicht zuletzt für alle, die zu einem entspannten Umgang mit der Zukunft zurückkehren wollen. 

So können wir das Steuer bei Klima und Energie noch rumreißen – Zehn ungehaltene Reden

Karl-Ludwig Kley ist ein Meister in der Vermittlung komplizierter Sachverhalte: er nimmt uns beispielsweise mit in den Kohlenkeller seines Elternhauses, ruft uns die Haptik der ersten Mobiltelefone in Erinnerung, führt uns in einen sonnigen Biergarten, taucht mit Kapitän Nemo ein in die unendlichen Tiefen der Ozeane oder spinkst durch das Schlüsselloch in die Badezimmer unserer Politiker, all‘ dies mit einem leichten Augenzwinkern und in der Absicht, dem Leser durch anschauliche Beispiele eine komplexe Materie zu erschließen.

Diese Beispiele stehen jeweils am Anfang eines Kapitels; jedes dieser Kapitel lässt sich – wie der zweite Untertitel des Buches es besagt – wie eine in sich abgeschlossene Rede auffassen, und doch geht ein roter Faden durch das gesamte Buch: die Energiewende kann noch gelingen, aber dazu bedarf es einer grundsätzlich anderen Herangehensweise als bisher.

Aufgrund seiner beruflichen Stationen – unter anderem als Vorsitzender der Geschäftsleitung bei Merck in Darmstadt und als Aufsichtsratsvorsitzender bei EON – kennt Kley die Herausforderungen des Klimawandels für die Industrie und die Tücken der Energiewende aus eigener Erfahrung. Und das merkt man seinem Buch auch an, aber es gelingt ihm immer wieder, die komplexen Sachverhalte anschaulich und nachvollziehbar zu machen.

So macht Kley am Beispiel der Reifenproduktion deutlich, dass es bei vielen Problemen darum geht, zwischen mehreren Zielen einen möglichst guten Kompromiss zu erreichen, denn Griffigkeit, Komfort und Haltbarkeit können nicht gleichzeitig optimiert werden, die Verbesserung einer Eigenschaft führt mindestens bei einer anderen Eigenschaft zu einer Beeinträchtigung.

Was aber bei Reifen offensichtlich ist, wird bei der etwas komplexeren Energiewende erst bei näherer Betrachtung deutlich: Klimaschutz, Sicherheit und Bezahlbarkeit müssen zu einem möglichst guten Kompromiss zusammengeführt werden, wer versucht, nur einen Aspekt absolut zu setzen, wird das Ziel nicht erreichen können.

Kley wendet sich gegen Alarmismus beim Klimawandel und gegen übertriebene Angst vor den Folgen einzelner Maßnahmen, er plädiert für eine sachbezogene Analyse der Chancen und Risiken jeder einzelnen Maßnahme, um daraus Lösungen zu entwickeln, die in der Gesellschaft Akzeptanz finden.

Er arbeitet die einzelnen Aktionsfelder wie Stromversorgung, Energiemix, Versorgungssicherheit, CO2-Speicherung und Energiesparen Stück für Stück ab; dabei weist er immer wieder auf Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Themen und auf internationale Zusammenhänge hin, die gegen nationale Alleingänge oder das isolierte Angehen einzelner Teilaspekte sprechen.

Dieses Buch richtet sich in erster Linie an die Politik, die sich an diesem Themenkomplex bisher allzu oft verhoben hat. Ebenso kann man es den Klimaleugnern und den Fanatikern unter den Klimaaktivisten ans Herz legen. Auch für Eltern und Lehrer, die sich mit dem Thema Energiewende auseinandersetzen wollen oder müssen, bietet sich hier eine Argumentationshilfe, mit der man sich in den einschlägigen Diskussionen behaupten kann.

Dr. Karl-Ludwig Kley, Klar zur Wende – So können wir das Steuer bei Klima und Energie noch rumreißen – Zehn ungehaltene Reden

Deutsche Verlags-Anstalt, München, 1. Auflage 2024, 172 Seiten, 23,70 €

Die Enquetekommission „Chancengleichheit in der Bildung“ will herausfinden, wie das Leben von Schülerinnen und Schülern künftig aussieht und welches Wissen ihnen vermittelt werden muss.

Kinder und Jugendliche sind nicht nur die Adressaten der neuen Enquete-Kommission, sie sind auch ihre Sinngeber. Für sie gestalten wir nachhaltige Effekte in der Bildungspolitik von NRW. Im Landtag Düsseldorf gibt es seit kurzer Zeit die Enquetekommission „Chancengleichheit in der Bildung“ und ich bin das erste Mal Mitglied in diesem Sondergremium. Bei unserem Thema möchten wir gemeinsam mit allen Fraktionen herausfinden, wie das Leben von Schülerinnen und Schülern in der Zukunft aussieht und welches Wissen ihnen vermittelt werden muss. Um hier auch Kinder und Jugendliche mit einzubeziehen, und uns ein Bild von realen Bedingungen zu machen, bleiben wir nicht nur in unserem Besprechungsraum im Landtag, sondern gehen auch raus und besuchen Schulen aller Art.

Chancengleichheit als Zielpunkt der Enquete verrät uns schon die Annahme über die Ausgangslage, in der wir uns im Schulsystem derzeit befinden. Statt direkt aber von sozialer Ungleichheit auszugehen, muss man eigentlich das Ganze sehen. Marode Schulbauten, massive Lernrückstände und fehlende digitale Ausstattung bieten kein Zentrum für einfache Erklärungen. Große Fragen erfordern große Antworten. Kaum ein anderes Bundesland ist so wie Nordrhein-Westfalen von städtischen Ballungszentren einerseits und weiten ländlichen Gebieten andererseits geprägt. Eine vielfältige Schullandschaft ist daher umso wichtiger, um den besonderen Bedingungen vor Ort und dem individuellen Förderbedarf von Kindern gerecht zu werden. Jedes Kind hat das Recht auf beste Bildungschancen. Bildung ist Kinderrecht und Bürgerrecht. Ein einheitliches Rezept für alle geht am unterschiedlichen Bedarf der Schulen und ihrer Schülerschaft vorbei. Meine Aufgabe als Politikerin ist es daher, die komplexe Dynamik frühzeitig zu erkennen und Lösungen für Folgeprobleme zu steuern.

Große Fragen – große Antworten

Was mich aktuell am meisten umtreibt: die Lehrerflucht aus dem Bildungssystem. In NRW steigen die Zahlen dramatisch an. Gleichzeitig schießen die Geburtenraten in die Höhe, Zustrom in die Schulklassen durch Migration kommt hinzu. Lehrerinnen und Lehrer haben mit sogenannter Superdiversität in den Klassen viel zu tun. Im letzten Jahr haben 800 Lehrkräfte (von 200.000) gekündigt. Unter den 800 waren auch fast 300 verbeamtete Lehrkräfte. Nicht einmal der sichere Beamtenstatus hält die Fachkräfte mehr im Bildungssystem. Die Landesregierung hat nicht nur keine Antwort darauf, sie fragt auch nicht nach den Kündigungsgründen. Schule als eine lernende Organisation stelle ich mir auch als attraktiven Arbeitgeber anders vor. In der freien Wirtschaft wird diese Frage nach der Kündigungsursache auch gestellt, um besser zu werden – allein schon wegen des immer stärker werdenden Kampf um jede Fachkraft. Kaum ein anderes Land im europäischen Vergleich zahlt Lehrerinnen und Lehrern so viel Gehalt. Dennoch greift eine stabile Mitarbeiterbindung nicht. Etliche Schulleiterstellen an Grundschulen bleiben sogar unbesetzt. Wie kommt das und wie können wir mit guter Bildungspolitik gegensteuern?

Große Fragen erfordern nicht nur große Antworten, NRW braucht konkrete Vorschläge. Deshalb stelle ich gerade für die Grundschulen in NRW fünf zentrale Fragen zur Verbesserung der Bildungschancen, die ich in der Enquete neben weiteren Herausforderungen zukünftig verfolge:

  1.   Warum gibt es nicht schon längst mehr Praxiseinbindung im Studium? Wir Freie Demokraten fordern bereits im Bachelor ein Praxissemester. So können sich Studierende früh in der praktischen Welt erproben und herausfinden, ob der Lehrerberuf wirklich ihr Traumjob ist. Heute kommt der „Praxisschock“ erst spät, aber umso deutlicher!
  2.  Warum wird nicht über eine angemessene Bezahlung schon in dieser Praxisphase nachgedacht? Wir Freie Demokraten fordern eine Wertschätzung, die den jungen Nachwuchs willkommen heißt und zum Bleiben motiviert. Das Praxissemester darf Studierende nicht in eine prekäre Lage bringen. Studierende, die sich für diesen wichtigen Beruf in unserer Gesellschaft entscheiden, verdienen auch eine finanzielle Wertschätzung. Kinder und Jugendliche werden es uns danken, wenn sie auf motivierte Lehrer in ihren Klassen treffen.
  3.  Warum werden die Inhalte der Lehrerausbildung nicht einmal überprüft? Wir Freie Demokraten fordern eine pragmatische Entscheidung darüber, ob diejenigen, die Mathematik in der Grundschule unterrichten möchten, unbedingt auch höhere Mathematik zusammen mit Studierenden des Gymnasiallehramts absolvieren müssen. Natürlich müssen die Fachkenntnisse von Lehrern über den zu vermittelnden Stoff hinausgehen. Aber Kenntnisse in höherer Mathematik führen nicht zwangsläufig zu höheren pädagogische Fähigkeiten, um mit Kindern umgehen zu können.
  4.   Warum gibt es keine duale, praxisorientierte Ausbildung von Lehrkräften? Wir Freie Demokraten fordern ein berufsintegriertes Studium. Andere Bundesländer haben schon gezeigt, dass sie sich mutig für neue Konzepte in der Lehrerbildung entschieden haben.
  5.   Warum bleiben Klassen leer, statt hoch qualifizierte Fachkräfte aus dem Ausland im Bildungssystem zu integrieren? Wir Freie Demokraten fordern eine schnelle, unbürokratische Anerkennung von ausländischen Qualifikationen und eine Senkung der Sprachanforderungen an Lehrkräfte auf B2, damit der Unterrichtsausfall pragmatisch im Sinne der Kinder gestoppt wird.

Mit den besten Ideen zu den besten Bildungschancen

Konkrete Antworten und einen Konsens, der die besten Bildungschancen für Kinder und Jugendliche in NRW schafft, erhoffe ich mir gemeinsam mit den Sachverständigen. Wir Freie Demokraten haben beispielsweise Sonja Köpke von Teach First Deutschland für den Blick von außen benannt. Die Enquetekommission läuft über eine Legislaturperiode, etwa zwei bis vier Jahre. Am Ende wird dann ein ausführlicher Bericht mit den gewonnenen Erkenntnissen und Schlussfolgerungen erstellt. Ich bin gespannt, mit welchen Ideen für die Zukunft wir in der Enquete starten. Nur mit Mut für Neues können wir wunderbare Lehrerinnen und Lehrer für die besten Bildungschancen der Kinder und Jugendlichen in NRW gewinnen.

              Kinder und Jugendliche sollen nach unserer Arbeit der Enquete-Kommission von weiteren Maßnahmen profitieren. Eine zukunftsorientierte Bildung steht für eine verantwortungsvolle Begleitung (gerade sozial benachteiligter) Kinder und Jugendlicher. Die soziale Herkunft darf nicht über den Bildungsweg in unserem Land entscheiden. Deshalb haben wir Freie Demokraten in der vergangenen Legislaturperiode die Talentschulen in NRW entwickelt, um gezielt dort zu unterstützen, wo es am meisten nötig ist. Genau diese Idee der besten Aufstiegschancen wurde zum Vorbild im Bund. Im Startchancen-Programm unserer Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger erhalten Schulen beispielsweise ein Chancen-Budget, um in der Schulgemeinschaft, d.h. Schulleitung, Lehrerinnen und Lehrer sowie Eltern, gemeinsam neue Wege zu gehen. Ich wünsche mir, dass Kinder und Jugendliche mit Freude an ihren Lernorten in NRW erleben, dass sich ihr Einsatz lohnt, für ein eigenverantwortliches Leben zu lernen. Nur so können sie ihre Persönlichkeit entfalten und unsere Gesellschaft mitgestalten. Wenn ich also auf Chancengleichheit schaue, dann als Selbstverwirklichungschancen für Kinder und Jugendliche in unserem Land. Langfristig sichern wir so den Wohlstand der Einzelnen und in unserer Gesellschaft. Das ist der Anspruch an meine politische Arbeit in der Enquete-Kommission, Lösungen mit Modellcharakter für eine liberale Bildungspolitik zu entwickeln.

https://fdp.fraktion.nrw/

https://fdp.fraktion.nrw/person/franziska-mueller-rech


Ein Rückblick auf die Empfehlungen des Sachverständigenrats für Umweltfragen zum Thema Energie und Umwelt nach der zweiten Ölkrise

Nach der zweiten Ölkrise 1989/90 hat die Bundesregierung den von ihr berufenen Sachverständigenrat für Umweltfragen gebeten, Empfehlungen für die Energiepolitik unter dem Gesichtspunkt des Umweltschutzes zu erarbeiten.

Im Hinblick auf die aktuelle Bewertung der Energiepolitik der vergangenen Jahre mit ihrer Abhängigkeit von Gasimporten als „dämlich“ oder „naiv“, lohnt ein Vergleich der realen Energiepolitik der letzten Jahrzehnte mit den Empfehlungen der Wissenschaftler in ihrem Sondergutachten „Energie und Umwelt“ von 1981.

Man sollte das Gutachten in seiner heutigen Bedeutung nicht überbewerten, Windkraft und Photovoltaik waren noch nicht Stand der Technik und spielten daher auch im Gutachten keine herausgehobene Bedeutung. Aber reizvoll ist der Rückblick schon:

Die als Bundespartei 1980 gegründeten GRÜNEN und die mit ihnen verbundenen NGOs, wie die ebenfalls 1980 gegründete deutsche Sektion von Greenpeace, sowie die mediale Öffentlichkeit haben seither grob skizziert die Ziele verfolgt und durchgesetzt:

  • Ausstieg aus der Nutzung der Kernkraft
  • dafür Behinderung
    • der Endlagerung
    • der Wiederaufarbeitung von Brennelementen
    • und der Entwicklung neuer Reaktor-Konzepte
  • Steigerung der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien wie Wind und Solar
  • „übergangsweise“ bis spätestens 2038 gesteigerte Nutzung von Erdgas für die Heizung von Gebäuden sowie für die Erzeugung von Strom und Wärme in Kraftwerken,
  • Verbot von „Unkonventionellen Fracking-Vorhaben aus kommerziellem Interesse“ in Deutschland (seit 2017)

Energiesparkonzepte wie vom Land Hessen (Bundesrat, Drucksache 448/13 vom 27.05.13 ) und Zentralem Immobilien-Ausschuss vorgeschlagen – Abschreibung der energetischen Gebäudesanierung so wie bei Denkmalsanierung – fanden im Bundesrat keine Mehrheit und verschwanden 2018 von der Tagesordnung.

Wie lautete nun Analyse und Empfehlungen der Wissenschaftler von 1981?

Der Rat hat die Umweltauswirkungen der verschiedenen Energie-Erzeugungswege angesprochen, wie die ungelöste Entsorgung und Sicherheitsbedenken bei der Kernenergie, Emissionen aus Kohlekraftwerken, etc.

https://www.umweltrat.de/SharedDocs/Downloads/DE/02_Sondergutachten/1970-2000/1981_SG_Energie_und_Umwelt.html;jsessionid=19999A1483BEEAEC2173C07B6E5C03C0.intranet241?nn=400356

Als wesentliche Strategie hat der Umweltrat empfohlen,

  • Energie-sparen insbesondere durch Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung, d.h. die Transformation des Kraftwerksparks hin zu Standorten, an denen bei der Stromerzeugung Wärme zur Nutzung in Fernwärmenetzen ausgekoppelt werden sollte
  • Daneben Weiterentwicklung der Kerntechnik zur Lösung der Entsorgung der Brennelemente, für neue Kraftwerkstypen, wie Hochtemperatur Reaktor (HTR)
  • sowie Steigerung der Energie-Effizienz zum Beispiel durch Brennwertkessel für Wohnhäuser, die damals noch im Entwicklungsstadium waren, etc.

Wie gesagt, der Rat von 1981 war nicht für Deutschland im Jahre 2022 gedacht und ist nicht mehr aktuell. Ein Zurück zur friedlichen Nutzung des Kernenergie, wie sie in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts propagiert wurde, ist aktuell in Deutschland nur schwer vorstellbar.

Hätte man aber eine Strategie der Energie-Einsparung und Minderung der Risiken der Kerntechnik durch neue Kraftwerkstypen und die Aufarbeitung gebrauchter Brennstäbe verfolgt, stünden wir heute anders da, wären vor allem weniger abhängig von Gas, ob von Rußland, Quatar, Iran oder US-Fracking.

Primärenergie-Verbrauch und Energie-bedingte Emissionen in Deutschland seit 1980 deutlich gesunken

Trotz der Fokussierung der Energiepolitik auf den Verzicht auf Kernenergie und später Kohle mit der Favorisierung von Erdgas ist fairerweise darauf hinzuweisen, dass die Politik auch die marktwirtschaftlich getriebene Steigerung der Energie-Effizienz unterstützt hat.

So ist der Primärenergieverbrauch in der Bundesrepublik von 1980 bis 1989 stabil (bei 387 Mio t Steinkohleneinheiten – SKE) geblieben, trotz Wachstum des Brutto-Inlandsprodukts (BIP) um rund 50 Prozent (von 788 Mrd € auf 1.200 Mrd €). In der staatlich gelenkten Planwirtschaft der DDR wuchs der Energieverbrauch im gleichen Zeitraum von rd 121 Mio t auf rd 128 Mio t SKE. Quelle: AG Energiebilanzen e.V.

Seit 1990 (nach der Wiedervereinigung) konnte der Primärenergieverbrauch in Deutschland von 508 Mio t SKE auf 416 Mio t SKE gesenkt werden (knapp 20 Prozent), bei gleichzeitigem Wachstum des BIP um rund 270 Prozent (von rund 1.307 Mrd € auf 3.571 Mrd €) sowie der Bevölkerung von 80 auf rd. 83 Mio Einwohner.

Den Rückgang des Primärenergie-Verbrauchs bestätigt auch das Umweltbundesamt (UBA).

Das UBA stellt auch fest, dass damit eine deutliche Verringerung der Energie-bedingten Treibhausgas-Emissionen um etwa 40 Prozent seit 1990 erreicht werden konnten – entgegen der immer wieder verbreiteten Behauptung, Deutschland sei gegen den Klimawandel untätig geblieben.

Ich habe Respekt vor dem verantwortungsvollen Umsteuern von Minister Habeck in den letzten Wochen.  

Aber bei passender Gelegenheit, der Rat feiert seinen 50. Geburtstag im Mai 2022, darf man doch daran erinnern, dass Deutschland besser gefahren wäre, wenn es seinerzeit auf die von der Bundesregierung befragten Wissenschaftler gehört hätte.

Anmerkung: Der Autor war 1980 bis 1983 wissenschaftlicher Mitarbeiter des Sachverständigenrates für Umweltfragen und hat an dem Gutachten „Energie und Umwelt“ mitgewirkt.

Mitglieder des Rates von Sachverständigen für Umweltfragen (Stand März 1981)

Prof. Dr. rer. nat. Hartmut Bick, Bonn                                      Ökologie

(Vorsitzender)

Prof. Dr. jur. Jürgen Salzwedel, Bonn                                      Umweltrecht

(Stellvertretender Vorsitzender)

Prof. Dr. rer. nat. Konrad Buchwald, Hannover                     Naturschutz, Landschaftspflege

Prof. Dr. rer. pol. Karl-Heinrich Hansmeyer, Köln                    Wirtschafts-, Finanzwissenschaft

Prof. Dr. med. Dietrich Henschler, Würzburg                          Toxikologie, Gesundheitsrisiken

Prof. Dr. med., Dr. phil. Gerd Jansen, Essen                           Lärm, Psychophysiologie

Prof. Dr. rer. pol. Paul Klemmer, Bochum                               Landesplanung, Standortfragen

Prof. Dr.-Ing. Albert Kuhlmann, Köln                                       Umwelttechnik                      

Prof. Dr. rer. nat. Rudolf Preußmann, Heidelberg                   Krebsforschung          

Prof. Dr.-Ing. Günther Rincke, Darmstadt                              Wasser

Prof. Dr. jur. Fritz W. Scharpf, Berlin                                         Organisationsfragen der Umweltpolitik

Prof. Dr. phil. Klaus Scholder, Tübingen                                  Allgemeine Umweltfragen

Buchbesprechung: Hans Rosling et al, Factfulness – Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist

In seinem 2018 erschienen Buch „Factfulness – Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist“ geht Hans Rosling der Frage nach, ob die Angst vor einem „Untergang des Abendlandes“, wie Oswald Spengler ihn bereits vor gut 100 Jahren prophezeite, real und begründet oder irrational und rein gefühlsmäßig sei. Auf der Basis breit gefächerter, statistisch abgesicherter Daten kommt er zu dem Ergebnis: „Unser Gehirn verführt uns zu einer dramatisierenden Weltsicht, die mitnichten der Realität entspricht.“

Warum unser Gehirn einer „überdramatisierten Weltsicht“ einer „faktengestützten“ den Vorrang einräumt, sieht Rosling in der evolutionsbiologisch begründeten Funktionsweise unseres Gehirns. Es seien letztlich zehn Instinkte, die unser Denken bestimmten, wenn wir uns durch die Fehlinterpretation der tatsächlich gegebenen Situation einer vermeintlichen Bedrohung oder einem „Es wird alles immer schlimmer“-Szenario ausgesetzt wähnten. Angefangen vom Instinkt der Kluft, der dem Bild einer dichotomen Welt, die in Arm und Reich zerfällt, verhaftet ist, bis hin zum Instinkt der Dringlichkeit, der uns in einem permanenten Alarmzustand hält, mögliche Gefahren zu erkennen, um adäquat reagieren zu können, führt der Autor den Leser durch den Reigen der Instinkte, die in den meisten Fällen schon in der Begrifflichkeit die „überdramatisierte Weltsicht“ illustrieren. Einige Beispiele: der Instinkt der Negativität, der Instinkt der Angst, der Instinkt der Verallgemeinerung, der Instinkt der einzigen Perspektive und der Instinkt der Schuldzuweisung. Auch ohne näher auf die einzelnen Instinkte einzugehen, dürfte es leichtfallen, einen Satz wie: „Das Boot ist voll“, bezogen auf Überfremdung und Flüchtlingselend, einem oder gar mehreren der Instinkte zuzuordnen. Die Liste der gängigen Weltuntergangsprophezeiungen ist lang und reicht von der diffusen Angst vor dem Fremden über die vor Kriegen und Naturkatastrophen bis zu der manifesten Angst vor dem Kampf um immer knapper werdende Ressourcen bei stetig wachsender Weltbevölkerung. Wir kennen sie alle und haben ihnen in der Regel wenig entgegenzusetzen.

Hier mahnt Hans Rosling nun zu einer faktenbasierten Haltung, die der Unwissenheit mit Daten, Statistiken und Tatsachen begegnet. Anhand anschaulicher Beispiele räumt der Autor mit überholten Ansichten – Ursprung der Katastrophenszenarien – auf, indem er seine faktenbasierten Erkenntnisse auf Daten aus Quellen international tätiger Organisationen stützt. Die Veranschaulichung der Ergebnisse in (Blasen-)Diagrammen und Schaubildern ist für den Leser leicht verständlich, gut nachvollziehbar und überzeugend; die einzelnen Szenarien werden anhand persönlicher Erlebnisse des Autors spannend in Szene gesetzt.

Als Mediziner und Professor für internationale Gesundheit in Stockholm konnte der 2017 verstorbene Hans Rosling auf einen reichen Erfahrungsschatz in unterschiedlichen Bevölkerungsgruppen auf verschiedenen Kontinenten zurückgreifen. Diese Erfahrungen veranschaulichten ihm schon früh die Diskrepanz zwischen einer unbegründeten oder veralteten Weltsicht und der faktengestützten tatsächlichen Entwicklung, wie er sie manchmal auch schmerzhaft an eigenen Fehlurteilen erfahren musste.

Inwiefern man selbst Fehleinschätzungen unterliegt, darf man gleich zu Beginn der Lektüre des Buches erproben. Jeder Leser ist aufgefordert, einen Test zu durchlaufen, um den Realitätsgehalt seiner eigenen Weltsicht zu prüfen. Bei diesem in 14 Ländern durchgeführten Test bezüglich einer realistischen Einschätzung zu Themen wie: Weltbevölkerung, Katastrophen, Bildung, Artensterben u.a. nehmen laut der im Anhang des Buches abgedruckten Auswertung nach Ländern die USA und Südkorea die Spitzenreiter-, Frankreich und Belgien die Schlussposition ein. Deutschland liegt immerhin im Mittelfeld auf Platz sieben.   

Hans Rosling betont, er sei kein Optimist, sondern ein „ernsthafter ‚Possibilist‘“, worunter er einen Menschen versteht, „der weder unbegründeten Hoffnungen anhängt noch sich durch unbegründete Befürchtungen ängstigen lässt.“ Ihm geht es darum, den Leser zu einer kritischen Distanz zu ermutigen, d.h. immer dann Fakten einzufordern, wenn sich einer der „dramatisierenden Instinkte“ zu Wort meldet.

Schon während der Lektüre schwankt der Leser zwischen Erleichterung („Es ist offenbar doch alles besser als befürchtet.“) und Zweifel („Treffen Roslings Erkenntnisse tatsächlich den Kern des Problems?“). Dazu ein Beispiel: Die Aussage: „In den letzten 20 Jahren hat sich der Anteil der in extremer Armut lebenden Weltbevölkerung nahezu halbiert“, verifiziert Rosling, indem er den rasanten wirtschaftlichen Aufschwung in China, Indien und Süd-Lateinamerika veranschaulicht. Seine Argumentation ist schlüssig, und auch das Aufzeigen positiver Wirtschaftsbedingungen in Ländern auf dem afrikanischen Kontinent überzeugt den Leser, dass der Hunger in der Welt nun doch nicht so schlimm sei wie angenommen. Auf der anderen Seite weist Roslings Einteilung der 2018 ca. sieben Milliarden starken Weltbevölkerung fast eine Milliarde Menschen (800 Millionen) aus, die weniger als 2$ täglich zur Verfügung haben, also in extremer Armut leben. 800 Millionen Menschen, das ist die zehnfache Einwohnerzahl von Deutschland. Und diese Zahl ist und bleibt erschreckend hoch.

Hans Rosling wäre nicht glaubwürdig, sähe er nicht selbst, welche Risiken die Zukunft birgt. Er spricht von fünf globalen Risiken, die ihn beunruhigen: neben einer globalen Pandemie (!), einem Finanzkollaps, dem Dritten Weltkrieg, dem Klimawandel zählt er auch extreme Armut auf. Während er die ersten vier Szenarien als zukünftig möglich einstuft, die dann „Elend unbekannten Ausmaßes bedeuten könnten“, räumt er ein, dass extreme Armut bereits „Realität“ sei und schon heute großes Leid verursache. Den Skeptikern unter den Lesern ist daher zu empfehlen, das Kapitel „Die fünf globalen Risiken, die uns beunruhigen sollten“ zuerst zu lesen.

Mit Bezug auf die 50 Millionen Menschen, die Opfer der Spanischen Grippe zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden, warnt Rosling vor einer globalen Pandemie. „Seriöse Experten für Infektionskrankheiten stimmen darin überein, dass ein neuer aggressiver Grippetyp die größte Bedrohung für die globale Gesundheit darstellt. […] Eine durch die Luft übertragene Krankheit wie die Grippe, die sich schnell ausbreiten kann, stellt für die Menschheit eine größere Bedrohung dar als Ebola oder HIV/Aids.“ Wie weitsichtig, denkt der Leser. Heute, da die Weltbevölkerung seit einem Jahr extrem unter der Bedrohung durch  COVID-19 leidet, erleben wir aber auch „Factfulness in der Praxis“, wenn das Robert-Koch-Institut und Regierungsvertreter eine zahlenbasierte Informationspolitik betreiben, die dazu beitragen mag, die „dramatisierenden Instinkte“ zu zähmen.

Ein erster Erfolg solch einer faktenbasierten Haltung zeichnet sich in dem gerade veröffentlichten „World Happiness Report 2021“ ab. Eine Auswertung des Jahres 2020 unter COVID-19 brachte Deutschland einen ausgezeichneten fünften Platz ein, so dass das Land sich im Gesamt-Ranking 2018 – 2020 auf den Platz 13 vorgearbeitet hat.

Mit seinem Buch „Factfulness – Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist“ leistet Hans Rosling, der von seinem Sohn Ola Rosling und seiner Schwiegertochter Anna Rosling Rönnlund unterstützt wurde, einen wichtigen Beitrag zur Entdramatisierung der Sicht auf die Welt. Auch wenn das Buch keineswegs den Appell enthält, sich beruhigt zurückzulehnen, sind die gravierenden Entwicklungen, die sich in den Ländern jenseits Europas vollziehen, ein positives Signal, dass der „Untergang des Abendlandes“ zurzeit keine akute Bedrohung darstellt.

Factfulness – Wie wir lernen, die Welt so zu sehen, wie sie wirklich ist

Hans Rosling, Anna Rosling Rönnlund, Ola Rosling

Ullstein Taschenbuch, 16,00 €

Aus dem Englischen übersetzt von Hans Freundl, Hans-Peter Remmler, Albrecht Schreiber.

ISBN: 9783548060415

Zu wünschen ist, dass die digitale Infrastruktur nachhaltig ausgebaut wird. Keineswegs darf die Lehre rein digital bleiben.

Die aktuelle Krise reißt wie in das gesamte öffentliche Leben einen heftigen Einschnitt in das
studentische Leben. Zu betrachten sind aber beide Seiten der Medaille: auf der anderen Seite
steht die Krise als Phase der Veränderung – voller Chancen.

Seit den ersten Beschränkungen im März 2020 hat die Corona-Krise den Betrieb an der
Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität wie an anderen Hochschulen und Universitäten fest
im Griff. Fast alle Vorlesungen und sonstigen Veranstaltungen finden online statt, Lizenzen für
digitale Bibliotheken sind häufig beschränkt und Praktika fallen aus.

Laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung verloren alleine von März bis April in Deutschland 750.000 Studentinnen und Studenten ihre Jobs und damit statistisch gesehen eine Einnahmequelle von hoher Bedeutung.

Besonders schmerzlich wird wie in vielen anderen Lebensbereichen deutlich, dass auch das Studium vom persönlichen Kontakt, Diskussionen und Spontanität lebt. Positiv ist hervorzuheben, dass überhaupt digital gearbeitet wird. Soweit möglich, ist das Arbeiten im „Homeoffice“ auch im Rest der Gesellschaft neu etabliert, jedenfalls vorübergehend Normalzustand geworden. Das Studieren von zuhause bringt Dynamik in viele angerissene, aber an der Universität längst nicht abgeschlossene Prozesse.

Zu wünschen ist, dass die digitale Infrastruktur nachhaltig ausgebaut wird. Keineswegs darf die Lehre rein digital bleiben: der persönliche Austausch vor Ort, die Teilnahme an studentischen Aktivitäten und für viele junge Studentinnen und Studenten die Übergangsphase in ein selbstbestimmtes Leben sind ein wichtiger Bestandteil eines Studiums als Lebensabschnitt. Aber der Digitalisierungsschub war längst überfällig und ist erforderlich, um Studentinnen und Studenten auf das ortsverteilte Arbeiten des 21. Jahrhunderts und die digitale Kommunikation in Unternehmen vorzubereiten.

Um in die Zukunft nach Corona zu gehen, sind fundierte Auswertungen der durch Corona bedingten Veränderungen erforderlich. Wie hat sich das Studium verändert und welche Auswirkungen haben diese Veränderungen auf die Studentinnen und Studenten? Vielleicht gibt es in der Zukunft Lehrveranstaltungen, für deren Durchführung eine Präsenz nicht immer erforderlich ist. Hybride Lösungen können auch in Zukunft Chancen bieten: ein Studium mit Kind wird ermöglicht, andere Barrieren werden abgebaut. Auch für alle anderen, die auf eine hohe Flexibilität angewiesen sind, bieten aktuelle Anpassungen eine Chance. Das Studium kann individueller und anpassungsfähiger werden als je zuvor. Studiengänge könnten in Teilen standortunabhängig durchgeführt werden, die internationale Vernetzung so gestärkt werden.

In einem unter hohem Druck stehenden Europa wäre das ein Interrail ohne Schienen. Corona gibt uns eine Gelegenheit, Bestehendes zu evaluieren und innovative Lösungen zu entwickeln. Oder mit J. F. Kennedy: „Das Wort Krise setzt sich im Chinesischen aus zwei Schriftzeichen zusammen: das eine bedeutet Gefahr und das andere Gelegenheit. In einer Krise sei dir der Gefahr bewusst, aber erkenne die Gelegenheit.“

Eine überraschende Geschichte, wie wir mit weniger Ressourcen zu mehr Wachstum und Wohlstand gekommen sind und wie wir jetzt unseren Planeten retten?

Eine überraschende Geschichte, wie wir mit weniger Ressourcen zu mehr Wachstum und Wohlstand gekommen sind und wie wir jetzt unseren Planeten retten?

In einer Zeit, in der in der Öffentlichkeit der Ruf nach einem starken Staat laut wird und sogar wieder für ein sozialistisches Wirtschaftsmodell geworben wird, dürfte dieses Buch für viele tatsächlich eine Überraschung sein. Der Autor mit einer breiten akademischen Ausbildung als Ingenieur und Betriebswirt, Absolvent der Harvard University und heute Hochschullehrer am MIT (Massachusetts Institute of Technology) legt mit umfangreichem Daten-Material dar, dass frühere Vorhersagen über eine zunehmende Umweltzerstörung und Erschöpfung der Ressourcen nicht eingetreten sind, sondern „Kapitalismus“ und technischer Fortschritt dafür gesorgt haben, dass eine Reihe von Umweltbelastungen zurück gegangen sind und der Wohlstand in den meisten Ländern der Erde zugenommen hat, bei geringerem Verbrauch an Rohstoffen, teils nur spezifisch, teils auch absolut. Als Treiber des Fortschritts sieht er die „Vier Reiter des Optimisten“ (als Gegensatz zu den vier apokalyptischen Reitern) und meint damit technischen Fortschritt, Kapitalismus, bürgernahe Regierungen und öffentliches Bewusstsein.

Mit dem Buch „Silent Spring“ (Der stumme Frühling) von Rachel Carson begann 1963 weltweit eine Diskussion um die Verschmutzung der Umwelt, das Bevölkerungswachstum auf der Erde und die Endlichkeit der Rohstoffe. Der Bericht von Donella und Dennis Meadows und Mitarbeitern „The Limits to Growth“ (Die Grenzen des Wachstums) für den Club of Rome kam 1972 zu folgendem Ergebnis:

„Wenn die gegenwärtige Zunahme der Weltbevölkerung, der Industrialisierung, der Umweltverschmutzung, der Nahrungsmittelproduktion und der Ausbeutung von natürlichen Rohstoffen unverändert anhält, werden die absoluten Wachstumsgrenzen auf der Erde im Laufe der nächsten hundert Jahre erreicht.“

Demgegenüber weist McAfee anhand der Daten der US Geological Survey (USGS), einer Bundesbehörde, nach, dass der Rohstoff-Verbrauch in den USA zwar nach 1970 zunächst noch weiter anstieg, heute aber wieder zurück gegangen ist, während das US Brutto-Inlandsprodukt auf fast das Vierfache stieg. So heißt es: „Von den 72 Rohstoffen, über die der USGS Daten erhebt, von Aluminium  und Antimon über Vermiculit bis Zink, haben nur sechs ihr Verbrauchsmaximum noch nicht erreicht.“ 2017 lag der US-Energie-Verbrauch fast zwei Prozent niedriger als 2008, während das BIP in diesem Zeitraum um mehr als 15 Prozent gewachsen ist. Laut McAfee haben in den USA aufgrund gesetzlicher Vorschriften von 1980 bis 2015 die Gesamtemissionen von sechs wichtigen Luftschadstoffen um 65 Prozent abgenommen, ist von 1976 bis 1999 die Konzentration von Blei im Blut von Kleinkindern um 80 Prozent gesunken.

Von den vier Reitern des Optimisten sieht er Kapitalismus und technischen Fortschritt als das Kräftepaar an, das zu mehr wirtschaftlichem Wohlstand und geringerem Rohstoff-Verbrauch geführt hat. Als Beispiele nennt er u.a. die Entwicklung von immer leichteren Verpackungen oder den Ersatz von 13 Elektrogeräten vom Taschenrechner, Camcorder, Uhr, Wecker, Kalender, Mobiltelefon, GPS-Navi und Straßenkarten durch ein smartphone von 200g – E-Mails, die den Schriftverkehr mit Papier weitgehend ersetzt haben oder Video-Konferenzen an Stelle Dienstreisen, sind nicht einmal erwähnt.

Als Gründe der Entwicklung nennt McAfee:

  • Wir wollen immer mehr; unsere Bedürfnisse und Wünsche wachsen,
  • Rohstoffe kosten Geld, das Unternehmen, die im Wettbewerb stehen, lieber nicht ausgeben wollen, ein weiterer Treiber bleibt unerwähnt: wir Verbraucher wollen alles möglichst preiswert und heizen so die Suche nach Einsparungen weiter an,
  • Strategien zur Kostensenkung: Einsparung der eingesetzten Rohstoffe, Ersatz durch preiswertere Alternativen, effizienterer Einsatz der Produktionsmittel oder Einsparung durch Innovationen wie die digitale Speicherung statt Verwendung von CD, Schallplatten oder Filmen,
  • Besonders effizient ist die Kombination dieser Strategien, was McAfee als Co-Autor bereits in dem Buch „The Second Machine Age. Wie die nächste digitale Revolution unser aller Leben verändern wird“ 2014 beschrieben hat.

Der Autor erwartet, wie der Untertitel zeigt, viele Leser mit der positiven Bewertung des Kapitalismus zu überraschen  und stellt dazu seine Definition ausdrücklich vor:

  • Gewinn-orientierte Unternehmen, von denen Produkte und Dienstleistungen hergestellt werden und nicht durch den Staat oder Non-Profit-Organisationen,
  • Freier Marktzugang und Wettbewerb ohne Monopole und Kartelle,
  • Schutz von Eigentum und Durchsetzung von Verträgen,
  • Das Fehlen zentraler Planung, Kontrolle und Preisfestsetzung.

Für McAfee ist damit aber nur das System der Erzeugung von Gütern und Dienstleistungen beschrieben. Er fordert, die Errungenschaften von Kapitalismus und technischem Fortschritt für eine zweite Aufklärung zu nutzen: Die effiziente Nutzung von Rohstoffen künftig zu kombinieren mit den Zielen, die Umwelt weniger zu belasten und uns besser um unsere Mitgeschöpfe zu kümmern.

Aus deutscher Warte ist seine Sicht somit keine Überraschung. Die Effizienz des Kapitalismus haben wir schon im Konzept der Sozialen Marktwirtschaft mit der sozialpolitischen Komponente eng verbunden. Seit der SPD/FDP-Koalition 1969 hat die Politik in der Bundesrepublik Deutschland den Schutz der Umwelt in den Fokus gerückt. Schon eine Zwischenbilanz von 1980 für die Europäische Kommission dokumentiert die signifikanten Fortschritte bei der Abfallbeseitigung, der Reinhaltung der Luft und der Gewässer. Spätestens mit der Aufnahme des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen 1994 in unsere Verfassung ist das Konzept der Verbindung von wirtschaftlichen, sozialen und ökologischen Zielen in Deutschland allseits akzeptiertes Ziel. Es ist das Drei-Säulen-Modell der nachhaltigen Entwicklung.

Nicht nur konzeptionell, sondern sehr anschaulich konnten wir in Deutschland den Vergleich ziehen zwischen einer kapitalistischen und einer staatlich gelenkten Wirtschaft. Auch in der DDR gab es Umweltgesetze und Umweltschutz wurde bereits 1968 als Staatsziel in die Verfassung aufgenommen. Die von der SED gelenkte Wirtschaft war jedoch nicht nur weniger effizient im Hinblick auf die Bereitstellung von Gütern und Dienstleistungen wie Wohnraum, Autos, Telefone und mehr. Sie war auch weniger erfolgreich beim Einsparen von Rohstoffen und Energie. Die sozialistische Wirtschaftsweise war auch Ursache für die dramatische Belastung der Umwelt. Die Bundesregierung schreibt auf ihrer website zum Stichwort Umweltschutz DDR:

  • 1989 stößt die DDR 2,2 Millionen Tonnen Staub und 5,2 Millionen Tonnen Schwefeldioxid aus. Zum Vergleich: Die größere Bundesrepublik emittiert im gleichen Jahr nur noch 878.000 Tonnen Schwefeldioxid.
  • In den Industrieregionen der DDR atmen die Menschen Schadstoffe in gesundheitsgefährdender Konzentration ein. Fast jedes zweite Kind leidet dort an Atemwegserkrankungen, jedes dritte hat Ekzeme.
  • Die Elbe und ihre Nebenflüsse verkommen zur Industriekloake. Der Fluss nimmt jährlich rund 23 Tonnen Quecksilber, 380 Tonnen Kupfer, 120 Tonnen Blei, 2.000 Tonnen Zink und 3,5 Millionen Tonnen Chlorid auf.

Man kann das Buch jedem empfehlen, der sich für Politik und Umweltschutz interessiert. Für diejenigen, die die Umweltpolitik der letzten 50 Jahre kennen, ist es keine Überraschung, wie der Untertitel meint. Man kann dem Autor und unserem Land nur wünschen, dass es wie das Buch The second Machine Age zum Bestseller und zum Wirtschaftsbuch des Jahres wird. Es wird Politiker und Bürger überzeugen, Energie- und Umweltpolitik durch marktwirtschaftliche Instrumente effizienter zu gestalten.

Wenn Sie es kaufen, schonen Sie die Umwelt, bestellen Sie es bei Ihrem lokalen Buchhändler und holen Sie es zu Fuß oder mit dem Fahrrad ab!

Rationales Abwägen, neue Sachlichkeit und eine Rückkehr der Vernunft in Politik und Journalismus. Mehr wissenschaftliche und fachliche Politikberatung.

Ein bizarrer Winzling aus Eiweißmolekülen drängt sich in unsere durchorganisierte Welt. Er zettelt – einfach mal so – einen weltumspannenden Krieg an. Frontverlauf unklar. Die fragile Weltwirtschaft geht zu Klump. Er zerrüttet arrogantes Ich-Gefühl hochentwickelter Gesellschaften.

Das macht er völlig emotionslos. Er kennt ein paar biologische Tricks. Unter dem Radar von Fresszellen und Antikörpern sucht er sich einen „Wirt“. Der „Mensch“ als solcher interessiert ihn nicht. Humorlos, naiv, unschuldig nimmt er ihn in seinen Stoffwechsel auf. Verzweiflung, Trauer, Protest sind ihm schnuppe.

Doch dieses Virus beschert uns nicht nur Ängste. Corona macht vielleicht sogar die Rückkehr zu Maß und Mitte möglich: Politisch und medial bemerken wir eine neue Sachlichkeit und Fachlichkeit. Prä-Corona überwog inhaltsarmes populistisches Gequassel. Ein postfaktisches Zeitalter war bereits ausgerufen. Gefühl und Befindlichkeit überstimmten Verstand. Nun genießt Wissenschaft plötzlich gesellschaftliche Wertschätzung.

Zumindest bei denen, die nicht dumm geblieben oder dumm gemacht wurden. Man hört wieder „hin“, vielleicht sogar „auf“ die, die wissen, wovon sie sprechen.

Plötzlich gelten die Sachen und nicht die Ansichtssachen. Dem nüchternen Massenmörder kommt man nur durch Nüchternheit bei. Gesundheitssysteme, Krankenhäuser, Pflegedienste, eben noch Verhandlungsmasse bei der Gewinnoptimierung und am unteren Rand der Einkommenstabelle, erweisen sich als systemrelevant. Rationales Kalkül von Risiken ist wieder erfragt. Sachlichkeit ist erwünscht, weil man sich sachgerecht verhalten will.

Machen wir das Beste draus! Mindestens ein Update unserer Werteskala. Akzeptanz für Wissenschaft, Aufklärung und Rationalität können nachhaltiger Krisengewinn sein. Wissenschaftliche Politikberatung sollte wieder mehr als eingeübtes Ritual sein.

Etliche Medienleute reagieren darauf. Die erkennen es als probates Mittel gegen vulgären Populismus.

Einige Journalisten kommen jedoch aus ihrer Rolle nicht heraus. Mit unendlicher Geduld versuchen Virologen, Soziologen, Psychologen ihnen immer wieder neu zu erklären, was man weiß oder leider noch nicht. Nach anfänglicher Schüchternheit fallen einige Interviewer in eingelernten Jagdeifer zurück. Sie zeichnen Schuldige oder Wundertäter. Sie inszenieren Gladiatorenspiele. Virologen sollen den Star markieren und sehnen sich doch sichtlich ins Labor zurück. Politiker, die sich bis zur physischen Erschöpfung abrackern, sollen sich am späten Abend in einer Sprechshow noch genussfähig zanken oder verhören lassen, warum sie dieses nicht im Vorhinein gewusst und jenes nicht genau so gemacht haben, wie es die intentionale Moderation für richtig hält. Abwägen gilt als Schwäche, Zögern als Inkompetenz, Beißhemmung als Spielverderberei, Fachlichkeit als langweilig. Gute Journalisten haben allerdings schnell gemerkt: Die Mitte wünscht sich eine neue Sachlichkeit. Vielleicht stiftet Corona ein Joint Venture der verantworteten Vernunft zwischen Journalismus, Wissenschaft und Politik. Dann ginge man mal wieder aufeinander zu und nicht aufeinander los.

Erst geht es um die Sache und die Fakten, die argumentative Begründung der angestrebten Problemlösung und die vermittelnde Deutung, dann um die Maßnahme und natürlich auch die notwendige Kritik.

Eine Rückkehr der Vernunft – von Maß und Mitte – wünscht man sich indes auch für die notwendigen finanziellen Rettungsmaßnahmen: Gigantische Gelder werden gerade in die Welt gesetzt. Der Zukunftstransfer gewaltiger Rechnungen ist entfesselt. Unbestritten: Man muss sich realen Problemen stellen – nicht auf der langen Bank, sondern mit Kraft, kompetent und grenzüberschreitend solidarisch.

Weltweit fordern Politiker gerade soziale Distanz und – im gleichen Atemzug – soziale Umarmung. Die kollektive Duldung gewaltiger Ausgaben soll die Folgen des verordneten Stillstandes abfedern. Ein Spagat von nie dagewesenem Ausmaß soll Volksgesundheit und gesellschaftlichen Zusammenhalt retten. – Nebenbei Europa gegen dessen eigene Zerfallstendenzen.

Keine Frage: Das Virus hat uns den asymmetrischen Krieg erklärt. Die Notwehrmaßnahmen entsprechen der Not. Wer von der Corona-Krise existenziell gefährdet ist, soll Überbrückungshilfen erhalten. Das ist Konsens. Aber wo das Rettende wächst, wachsen auch die Gefahren.

„Schnelles Geld“? – das weckte sofort den „Abgreif-Reflex“- nicht nur im schlicht regierten Berlin. Es weckte notorische Gefährder des gesellschaftlichen Zusammenhalts. Die heute verausgabten Steuergelder der Zukunft werden vorrangig diejenigen aufbringen, die gerade große Teile ihres Vermögens verlieren und noch verlieren werden.

Seit Gründung unserer Republik gilt bei uns die Logik des Ausgleichs. Die „starken Schultern“ tragen viel. Die vom Soli nicht Befreiten (10 Prozent) zahlen mehr als die Hälfte (54,8 Prozent – Quelle BMF) der Einkommenssteuer, haben aber weniger als ein Drittel am verfügbaren Einkommen. Beim Soli, den man den 10% nicht erlässt, weil sie eben „die Besserverdiener“ sind, standen und stehen sie für den Aufbau Ost ohnehin für 54,8 Prozent gerade. In wenigen Ländern funktioniert der Lastenausgleich so fair wie in Deutschland. Das haben sozial Gesonnene in beiden Volksparteien bewirkt. Es entwickelte sich zum gesellschaftlichen Grundkonsens. Unter der Voraussetzung: Es braucht Ausgleich und Zusammenhalt zwischen denen, die auf Transferleistungen angewiesen sind und jenen, die ein solches System bejahen und das nötige Geld erwirtschaften und die wertschöpfenden Strukturen aufbauen und pflegen. Dieser Zusammenhalt, dieser soziale Konsens ist zu schaffen und zu erhalten. Zusammenhalt zwischen gewährendem Politiker und nehmender Wählerschaft ist Obrigkeitstraum und nicht demokratische Kultur.

Alle deutschen Kanzler haben bisher diejenigen anerkannt und gewürdigt, die sich zum Sozialstaat bekennen und ihn durch ihre Arbeit wesentlich ausgestalten und finanzieren. Das Erfolgsgeheimnis der Bundesrepublik heißt nicht „Sozialismus“ und nicht „Marktwirtschaft“, sondern „Soziale Marktwirtschaft“. Wer Sozialpolitik braucht und wer sie finanziert, arbeitet in diesem System zusammen, nicht gegeneinander. Das politische Motto dazu heißt: „versöhnen statt spalten“. Es ist die Haltung pragmatischer Besonnenheit, nicht der Feuchttraum abgehobener Ideologen. Einer von denen verkündete über den Spiegel im Dezember letzten Jahres, die SPD solle nicht weiter danach streben, von allen gewählt zu werden. Die Partei solle sich … auf Menschen mit geringem Einkommen konzentrieren. Just diese wissen jedoch: Von nix kommt nix. Man muss erst erarbeiten, was man ausgeben will.

Sich auch auf diese Rationalität zu besinnen – kann auch Chance der Pandemie sein. Rationales Abwägen, neue Sachlichkeit und eine Rückkehr der Vernunft in Politik und Journalismus. Mehr wissenschaftliche und fachliche Politikberatung. Ein Journalismus, der nicht intentional antritt, sondern ein möglichst realistisches Bild unserer Welt vermittelt und der nicht nur nach der schnellen schlechten Nachricht sucht. Natürlich hat er Fehlentwicklungen zu enthüllen, aber auch eine Idee von der hilfreichen Lösung zu entwickeln. Das ist nicht alles, aber wäre das nichts?

Foto Copyright Brost-Stiftung

Die EU fördert in den Mitgliedstaaten Projekte und Programme. So kommen über 94% des EU-Haushalts den Menschen vor Ort zugute.

Im Rheinland sind zahlreiche europäische Akteure vertreten, darunter schon seit 1954 die Regionalvertretung der Europäischen Kommission in Bonn. Neben dem Hauptsitz in Berlin und einer Regionalvertretung in München ist die Bonner Vertretung zuständig für die Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Hessen und das Saarland. Sie ist Ansprechpartner für rund 30 Millionen und wird seit Juni 2016 von Jochen Pöttgen geleitet, einem gebürtigen Kölner.

Die Aufgaben der Regionalvertretung der Europäischen Kommission in Bonn

Die Hauptaufgabe der Vertretung in Bonn ist ihre Funktion als Bindeglied zwischen der Zentrale der Europäischen Kommission in Brüssel und der Öffentlichkeit an Rhein, Main, Mosel und Saar. Daher sucht sie den fortwährenden Dialog und Austausch mit den Bürgerinnen und Bürgern, mit den Medien, der Öffentlichkeit und der Politik vor Ort.

Unterstützt wird die Vertretung bei dieser Aufgabe von einer Vielzahl von EUROPE DIRECT Informationszentren (EDIC), die dezentral und auch außerhalb der Metropolen über Fragen über die EU informieren, indem sie Informationsmaterial bereithalten oder Ansprechpartner vermitteln. Sie arbeiten eng mit der Europäischen Kommission zusammen und bieten zahlreiche Debatten- und Informationsangebote zur EU-Politik an.

Die Arbeit mit regionalen und lokalen Medien genießt hohe Priorität in Bonn. Die Idee und das Wirken der Europäischen Union werden durch proaktive Aktionen verbreitet, insbesondere Pressekonferenzen, Podiumsdiskussionen, Hintergrundgespräche und Beiträge auf sozialen Medien.

Der “Europa-Punkt” in Bonn

Zur Unterstützung der Aufgaben der Bonner Regionalvertretung hat 2016 das neue Informationszentrum seine Pforten geöffnet. Der „Europa-Punkt“ am Bertha-von-Suttner Platz ist Anlaufstelle für Bürgerinnen und Bürger, Schulen und Organisationen, die Fragen haben zu den Publikationen der Europäischen Kommission oder auch zur Funktionsweise der Europäischen Union. Besucher werden in den Räumlichkeiten der Vertretung in Seminaren, Workshops oder Vorträgen nach ihren individuellen Bedürfnissen betreut und mit Informationen versorgt.

Ausgewählte Themen werden im „Europa-Punkt“ für kleine und große Besuchergruppen vorbereitet, zum Beispiel als Vortrag, als interaktiver Workshop oder als Simulation.

Der „Europa-Punkt“ bietet weiterhin Schulmaterial für verschiedene Altersstufen an und vermittelt Kontakte zu geeigneten Ansprechpartnern auf regionaler und europäischer Ebene.

EU-Förderung im Rheinland

Die Europäische Union fördert in ihren 27 Mitgliedstaaten Projekten und Programme, zum Beispiel für Forschung, Innovation und Lehre. So kommen über 94% des EU-Haushalts den Menschen vor Ort zugute, sie fließen aus Brüssel zurück in die Regionen, Kommunen und Unternehmen in der Europäischen Union.

Die Auswahl der Projekte und die Kontrolle über die zielgenaue Verwendung der Mittel liegt in Deutschland in der Regel bei den Bundesländern.

Über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung unterstützt die EU die wirtschaftliche Entwicklung und die Schaffung von Arbeitsplätzen, sie fördert  die Wettbewerbsfähigkeit, das Wirtschaftswachstum und nachhaltige Entwicklung. EU-Förderung unterliegt dem Prinzip der Ko-Finanzierung, d.h. die Mittel der EU werden mit Bundes-, Landes- oder Kommunalmitteln gegenfinanziert.

Darüber hinaus unterstützt die EU mit der Förderung des weltweit größten Forschungsprogramms “Horizont 2020”, dessen EU-weites Budget bis 2020 bei ca. 80 Mrd. liegt, Wissenschaft und Innovation. Mithilfe dieses Budgets werden Forschungsinitiativen in den EU-Mitgliedstaaten gefördert und Ressourcen effizient gebündelt. Im vergangenen Forschungsrahmenprogramm nahmen in Deutschland 16.500 Forscher an 8.000 EU-Projekten teil und erhielten eine Förderung von 6,4 Mrd. Euro. Damit lag Deutschland weit vorn. Das Rheinland war unter anderem mit Köln vertreten, mit dem sehr erfolgreichen Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt.

Das EU-Mobilitätsprogramm Erasmus+ eröffnet auch rund um Bonn vielen Studierenden und Auszubildenden die Möglichkeit mithilfe eines Stipendiums in einem anderen europäischen Land zu studieren. So konnten 2015/2016 fast 2.000 junge Menschen aus Rheinland-Pfalz und über 7.000 aus Nordrhein-Westfalen ins EU-Ausland gehen während fast 5.000 junge Menschen zum Studium an Rhein und Mosel kamen.