Krisen haben auch immer eine zweite Seite der Medaille, wenn auf die Chancen verwiesen wird, die daraus entstehen (können). So als wäre der Mensch ein vernunftbegabtes Wesen und würde aus der Historie lernen. Wenn es denn so einfach wäre. Wir klammern uns in der Krise an höhere Wesen und machen danach dann doch wieder weiter als wäre nichts geschehen. Bis zur nächsten Krise.
So ist leider zu befürchten, dass auch im Fußball die jetzt so beschworenen Selbstheilungskräfte des Marktes so aussehen, dass außer kleinen Kollateralschäden sich nichts wesentliches ändert. Wie auch schon das #BosmanUrteil oder die #KirchPleite wird die #CoronaPandemie auch nicht zu einem Umdenken führen.
Wie ist es anders zu erklären, dass allen Ernstes von der DFL Szenarien entwickelt werden, Anfang Mai wieder mit #Geisterspielen durchzustarten. Schließlich stehe die Existenz der Profivereine auf dem Spiel. Es geht um 36 Unternehmen – bei 100.000en Unternehmen in Deutschland, die durch Corona betroffen sind und nicht ein oder aus wissen. Viele Solo-Selbstständige, die buchstäblich um ihren Lebensunterhalt kämpfen müssen. Aber die Proficlubs sind sich selbst wieder am nächsten. Ganz perfide wird es dann, wenn die Fortsetzung der Meisterschaft mit der gesellschaftlichen Verantwortung des Fußballs begründet wird. Der Fußball trage zur Ablenkung und Zerstreuung in diesen Krisenzeiten bei. Geht es noch? Es geht einzig und allein um die Fernsehgelder, die auf der Kippe stehen. Deshalb bleiben Fans und Ultras bei den Planungen auch außen vor. Augen zu und durch mit Geisterspielen, zur Not auch auf Kosten der Gesundheit der hochbezahlten Angestellten auf dem grünen Rasen. Während ganz Deutschland das Kontaktverbot mehr oder weniger einzuhalten versucht, wollen die Bundesligen Zweikämpfe im Sechzehner.
Gesellschaftliche Verantwortung? Das beweisen einzig und allein zahlreiche Faninitiativen und Ultragruppen, während Verbände und Vereine sich weg ducken und auf Sicht spielen. Da lobe ich mir doch den Belgischen Fußballverband, der seine Saison konsequent abgebrochen hat, seiner Verantwortung gerecht geworden ist und jetzt mit einem Europa-Ausschluss bedroht wird und eventuell zurückrudern muss. Unseren Vereinen fällt nichts ein, als ihre Fans noch um finanzielle Unterstützung zu bitten, damit der Ball bei Geisterspielen rollen darf. Und unsere reichen Verbände rufen nach Staats/Steuergeld, um den systemrelevanten Profivereinen das Überleben zu garantieren. Und sprechen sich dafür aus, bei der Prüfung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit alle Augen in der Krise zuzudrücken. Ein tolles Signal an die solide wirtschaftenden Vereine. Und auch der Punktabzug soll bei Planinsolvenzen entfallen, Hurra wir leben noch!
Weniger Fernsehgelder, keine weitere Zersplitterung der Spieltage, weniger Logen für das Eventpublikum, geringere Gehälter und Ablösesummen, mehr Einfluss von Fans und Mitgliedern – Horrorszenarien für unsere Wirtschaftsunternehmen der DFL? Die Krise könnte dazu führen, sich grundsätzlich einmal Gedanken über den Fußball, Ligenstrukturen und diverse Auswüchse zu machen, statt immer weiter so. Doch im Profifußball geht es nur um das hier und jetzt – und in den Klassen darunter?
Vorrangig sind in der aktuellen Situation die Gesundheit und das Wohlergehen möglichst aller. Dahinter muss der Fußball zurück stehen. Wie sollen denn Spiele mit oder ohne Zuschauer risikofrei durchgeführt werden? Was geschieht, wenn Spieler, Trainer oder Funktionsteam infiziert sind und dann alle Kontaktpersonen in Quarantäne müssen? Wer testet mit welchen Kapazitäten und in welchen Abständen? Wer sorgt für die Desinfektion von Stadien und Spielstätten? Die Liste ließe sich beliebig fortführen.