Wie umschrieb es bereits Ernst Forsthoff in seinem Lehrbuchklassiker: Von jeher sei die Verwaltungsrechtswissenschaft um eine Definition ihres Gegenstandes, der Verwaltung, verlegen. Die Vielgestaltigkeit verwaltungsrechtlicher Funktionen scheint bisweilen willkommene Legitimation für ihre grassierende Aufblähung zu sein.
Die Stadt Bonn hat unter der frischgebackenen grünen Oberbürgermeisterin eine besondere Freude an erweiternder Selbstverwirklichung. Welches phantasievolle Framing könnte eine mit etwa 2 Milliarden Euro verschuldete Stadt, die einer Pro-Kopf-Verschuldung jedes einzelnen Bürgers von gut 6.000 Euro entspricht sonst dazu verleiten, gleich 183 Stellen für die Bonner Verwaltung neu zu schaffen? Erinnern wir uns: Bonn ist eine Kommune im Haushaltssicherungsverfahren! Der Gesamtbetrag unserer Aufwendungen ist höher als unsere Erträge und kann derzeit weder durch Rücklagen noch Verrechnungen ausgeglichen werden. Die mangelnde Liquidität ist absehbar.
In der Stellenplanfortschreibung heißt es zur Begründung nur lapidar: infolge des Aufgabenzuwachses beziehungsweise der gesetzlichen Veränderungen.
Schaut man in die Einzelauflistung, freuen die 36 Stellen im Rahmen des Digitalisierungspaketes, die allein 8 Stellen rund um die neue Oberbürgermeisterin, die mit teils übertariflich bezahlten Vertrauenspersonen besetzt werden, geben Anlass zu Fragen. In Anlehnung an das Gießkannenprinzip werden in den meisten Bereichen 1-3 neue Stellen geschaffen, 12 zur Verstärkung des Jobcenters, gleich 30 für die Teilhabe am Arbeitsmarkt über die Grundsicherung für Arbeitnehmer.
Nach Einsparungen auf der anderen Seite sucht man vergeblich; gerade 3 Stellen werden zu diesem Zwecke vorgeschlagen. Die Personalkosten der Stadt steigen in der Folge um jährlich um 7,2 Mio. Euro, das Gesamtbudget für Personal wird zukünftig bei 355 Mio. Euro liegen und ist nach dem Sozialetat die zweitgrößte Aufwandsart der Stadtverwaltung. Die Stadtverwaltung hätte nach Beschlussfassung über die Stellenplanfortschreibung ab 2021 dann insgesamt 5484 Stellen (2020: 5.304).
Warum kommen vergleichbar große Städte wie Bielefeld, Wuppertal, Bochum, Münster, Karlsruhe und Mannheim mit deutlich weniger Personal aus? Bielefeld benötigt über 2000 Verwaltungsstellen weniger als Bonn, Karlsruhe nicht einmal die Hälfte.
Masse heißt also nicht gleich Klasse.
Das Einmaleins der Verwaltung ist die Prüfung der Effektivität ihrer Aufgabenwahrnehmung, der Wirtschaftlichkeit, des Controllings, bevor man ungefiltert Personal aufstockt.
Aus politischer Sicht freilich sieht es anders aus: Man kann sich der Loyalität der neuen Mitarbeiter sicher sein und gibt den alten Mitarbeitern das Gefühl, sie hätten ihre Aufgaben mangels Personal zuvor gar nicht besser erfüllen können.
Dabei müsste der Zug längst in die andere Richtung gehen. Lange schon ist die überdimensionierte Verwaltung der Stadt Bonn schwerfällig und träge geworden, ein Servicegedanke zugunsten der Bürger fernliegend. Statt zu rekommunalisieren, also immer neue Aufgaben in die Stadtverwaltung zu ziehen, sollten Privatisierungen geprüft und gefördert werden. Es gilt, durch die Beauftragung von Profis Fördermittel zu generieren, wie es der Rhein-Sieg-Kreis bereits durchführt, es gilt jede Aufgabe auf den Prüfstand zu stellen und sie im Zweifel dem Wettbewerb zu überlassen, den Mitarbeitern Ziele zu setzen und betriebswirtschaftliches Denken nahezubringen, Effizienz zu fördern und vor allem zu fordern!
Folgender 3-Punkte-Plan sollte implementiert werden:
- Welche Aufgaben können andere effizienter erledigen als die Kommune?
- Welche Aufgaben sollten in Tochterunternehmen ausgegliedert werden?
- Einführung einer Effizienzbenchmark mit dem Ziel zu lernen, was genau andere Kommunen im Vergleich zu Bonn besser machen, um diese Erkenntnis für die Bonner Verwaltung zu nutzen.
Kein Unternehmen könnte es sich leisten, Personal derart über den Durst zu beschäftigen. Öffentliche Gelder aber sind leicht ausgegeben, denn sie betreffen vermeintlich nicht das eigene Portemonnaie.
Von diesem Gedanken aber sollten wir uns endlich lösen, dass wir als Kommune nicht betriebswirtschaftlichen Maßstäben unterliegen. Spätestens nach der Corona – Krise wird uns schmerzlich bewusst werden, wie volatil die Einnahmenseite ist.